Dr.med.Henning Fischer
lieber Heilpraktiker


An alle Abiturienten, die mit einem Medizinstudium liebäugeln.

Jahrtausendelang hat die Medizin überwiegend mit 2 Faktoren funktioniert:

1) dem Placeboeffekt
2) der Droge Arzt

zu 1: es ist bekannt, daß bei manchen Krankheitsbildern bis zu 50% der Patienten von Placeboeffekten ( http://de.wikipedia.org/wiki/Placebo ) profitieren. Das bedeutet, eine an sich wirkungslose Maßnahme, z.B. ein Scheinmedikament, hilft dem Patienten. Voraussetzung ist, daß

- der Patient nicht weiß, daß es sich um ein Placebo handelt,
- er ein Grundvertrauen zum Behandler hat

diese Voraussetzungen waren im ärztlichen Bereich bis vor 3 oder 4 Jahrzehnten gegeben. Dann fing irgendwann das Ärztebashing an, die Presse fand ein neues lukratives Thema in der Verunglimpfung von Ärzten, die  Politiker seit Seehofer sprechen von Ärztepack und überhäufen die Ärzteschaft mit Mißtrauen und Mißgunst und die Krankenkassen übergießen die Kassenärzte regelmäßig mit Gülle, um vom eigenen Saustall abzulenken.

All das hat das Grundvertrauen in die Ärzte tief erschüttert und die „Droge Arzt“ weitgehend unwirksam gemacht.

Juristen haben dafür gesorgt, daß Placebos weitgehend abgeschafft wurden: Patienten müssen heute bis ins Detail über die Behandlung aufgeklärt werden. Wenn der Arzt dann gezwungenermaßen gesetzestreu sagt: ich gebe dir ein Placebo, ist die Sache gelaufen.

Darüberhinaus gibt es auch einen Noceboeffekt ( http://de.wikipedia.org/wiki/Nocebo-Effekt ): an sich unwirksame Heilmittel können krank machen, wenn der Patient es erwartet. So kam einmal ein versuchter Selbstmörder im schweren Kreislaufschock in eine Notaufnahme, weil er 30 Tabletten eines Antidepressivums genommen hatte, um sich das Leben zu nehmen. Er war aber in einer Studie im Placeboarm, hatte also unwirksame Tabletten geschluckt und wurde davon krank. Und genau diesen Noceboeffekt erzeugen die in Deutschland einmalig dämlichen Beipackzettel, die von unbelehrbaren Bürokraten ausschließlich nach juristischen Gesichtspunkten gemacht werden: der Patient liest seitenweise mögliche schwere Nebenwirkungen, die er bei entsprechender Veranlagung dann natürlich auch bekommt.

Das ist heute die Welt des Arztes oder Mediziners, der jahrtausendealte Heilmaßnahmen nicht mehr anwenden kann.

Und nun die Welt des Heilpraktikers: er lebt überwiegend vom Placeboeffekt: er wird von der Presse nicht attackiert sondern hochgelobt (Köhnlechner), von den Politikern begünstigt, von Juristen weitgehend verschont und kann ungehindert Pillen verteilen, die keinen Beipackzettel haben und an deren Heilkraft die Patienten gerne glauben (denn es gibt ja keine Nebenwirkungen): Droge Heilpraktiker und Placebo voll wirksam!
 
Ein weiterer wichtiger Faktor ist viel profaner: seit Seehofer werden die ärztlichen Honorare in enge Budgets gepreßt. Nach betriebswirtschaftlichen Kriterien reicht das ärztliche Honorar für eine Konsultation von ca. 5-10 Minuten/Quartal. Da sind Heilpraktiker, die unbegrenzt etwa in Höhe der GOÄ (Gebührenordnung für Privatpatienten) abrechnen können, natürlich überragend im Vorteil: sie können sich alle Zeit der Welt lassen, da ihnen diese Zeit voll bezahlt wird.

Nun gibt es noch ein paar weitere Gründe, nicht Arzt sondern Heilpraktiker zu werden

Arzt werden bedeutet 13 Schuljahre im Abitursabschluß, 6 Jahre Hochschulstudium, mindestens 5 Jahre Facharzt= 24 Jahre Ausbildung

Heilpraktiker bedeutet: 9 Jahre Grundschule und wieviel Jahre Ausbildung? Das ist nicht festgelegt, es gibt keine vorgeschriebene Ausbildung, nur eine Prüfung, ob der Heilpraktiker eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt ( http://de.wikipedia.org/wiki/Heilpraktiker )


Der Arzt verdient  frühestens mit 24 Jahren sein erstes Geld, der Heilpraktiker (Anwärter) mit 14. Der Arzt unterliegt bei allen seinen Handlungen strengsten gesetzlich Vorschriften, muß bei jeder Verordnung damit rechnen, in Regress genommen zu werden und muß ständig gegen Mißtrauen ankämpfen, jede Therapie wird grundsätzlich juristisch als Körperverletzung gewertet, die nur bei Erfüllung strenger Vorgaben (z.B. gründliche Aufklärung über Risiken und Alternativen) straffrei bleibt..

Der Heilpraktiker kann weitestgehend unabhängig von Zwängen machen was er will und kann auch bei Fehlverhalten nur in seltensten Fällen juristisch belangt werden, die Patienten bringen ihm ein großes Grundvertrauen entgegen.

Zusammenfassend kann man sagen:

der Heilpraktiker kann heute noch so arbeiten, wie es ich jeder Arzt für sich und seine Patienten wünschen würde und verdient damit noch ein Vielfaches (Abrechnung wie bei Privatpatienten).

Also mein ernst gemeinter Rat (nach über 30 Berufsjahren) an alle Abiturientinnen und Abiturienten:

wenn Ihr in der Medizin tätig werden wollt, dann werdet Heilpraktiker. Für mich wäre noch Tierarzt eine schöne Alternative.

Dieser Aufsatz veröffentlicht in der MMW (Münchner Medizinische Wochenschrift):  [ MMW ]




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